Die magische Eiche
Frank
Wimmer
war
schwierig.
Er
hatte
narzisstische
Züge
und
war
sehr
oft
übellaunig.
Kein
Wunder
also,
dass
er
kaum
Freunde hatte. Um genau zu sein, waren es genau drei.
Da
wäre
Bernd
Haslinger
zu
nennen,
ein
Barkeeper,
der
sich
immer
Franks
Gejammer
anhören
musste,
wenn
dieser
wieder
einmal
wegen
einer
Lappalie
in
Rage
geriet
oder
betrunken
an
seiner
Bar
saß
und
über
sein
Leben
lamentierte.
Wie
krank
er
doch
sei
und
warum
er
bei
diesen
Schmerzen
unmöglich
arbeiten
könne.
Außerdem
lieh
Frank
sich
ständig
dessen Pickup aus, um diverse Erledigungen zu machen, bezahlte Bernd aber kein einziges Mal den Sprit, den er verfuhr.
Der
zweite
war
Walter
Berger,
ein
Steuerberater
mit
einer
kleinen,
aber
feinen
Kanzlei,
bei
dem
Frank
sich
jedes
Mal
Geld
borgte,
wenn
er
knapp
bei
Kasse
war.
Und
Frank
war
ständig
knapp
bei
Kasse.
Mittlerweile
hatte
Frank
so
hohe
Schulden
bei
Walter,
dass
er
sie
in
diesem
Leben
kaum
noch
würde
abzahlen
können.
Hin
und
wieder
half
Frank
Walter
bei
Besorgungen,
wenn
der
mit
seiner
Firma
so
viel
Arbeit
hatte,
dass
er
nicht
zum
Einkaufen
kam.
Doch
diesen
Gefallen
tat
Frank
seinem
Freund
nur
aus
Eigennutz.
Denn
so
kaufte
Frank
auch
immer
für
sich
selbst
eine
Menge
Lebensmittel
ein
und rechnete den gesamten Betrag von seinem Schuldenberg ab.
Dann
war
da
noch
Michael
Maier,
ein
selbstständiger
IT-Techniker,
bei
dem
Frank
oft
übernachtete,
wenn
er
mal
wieder
lange
bei
Bernd
in
der
Bar
gewesen
war.
Oft
war
er
zu
faul,
nach
Hause
zu
fahren,
oder
zu
geizig,
um
sich
ein
Taxi
zu
nehmen.
Eigentlich
schlief
er
in
letzter
Zeit
regelmäßig
bei
Michael,
denn
seitdem
er
wegen
ständiger
Krankenmeldungen
seinen
Job
als
Verkäufer
verloren
hatte,
nutzte
er
die
Gastfreundschaft
seines
Freundes
bei
jeder
Gelegenheit
aus.
Dabei
nahm
er
keine
Rücksicht
auf
die
Uhrzeit
und
klingelte
schon
mal
um
3
Uhr
früh
an
dessen
Haustür
Sturm,
bis
dieser
endlich verschlafen öffnete.
Nein,
Frank
war
wirklich
kein
besonders
netter
Mensch.
Er
nutzte
die
einzigen
Freunde,
die
er
hatte,
tagtäglich
auf
gemeinste
Art
und
Weise
aus
und
verstand
die
Welt
nicht
mehr,
wenn
sie
es
wagten,
etwas
dagegen
zu
sagen.
Doch
die
drei
Männer
hatten
ein
gutes
Herz.
Sie
hielten
es
für
ihre
Pflicht,
sich
um
jene
zu
kümmern,
denen
es
nicht
so
gut
ging,
die
nicht
mit
so
viel
Glück
gesegnet
waren.
Also
würde
auch
Frank
Wimmer
immer
wieder
ein
offenes
Ohr,
etwas
Geld
und
eine Unterkunft bei ihnen finden.
Gesundheitlich
ging
es
Frank
allerdings
tatsächlich
nicht
besonders
gut.
In
den
letzten
Jahren
hatte
er
drei
Bandscheibenvorfälle
erleiden
müssen.
Es
wurde
einfach
nicht
besser.
Die
Schmerzen
quälten
ihn
und
keine
Therapie
half.
Seine
Ärztin
meinte
schließlich,
dass
ihm
nichts
anderes
mehr
übrigbleibe,
als
sich
an
der
Wirbelsäule
operieren
zu
lassen.
Eine
Operation?
Das
wollte
Frank
auf
keinen
Fall.
Er
hasste
die
Schmerzen
und
sie
waren
oft
so
unerträglich,
dass
er
am
liebsten
gestorben
wäre,
doch
eine
OP
kam
für
ihn
nicht
in
Frage.
Das
Risiko
einer
Verletzung
oder
gar
Lähmung
war
ihm
einfach
zu
hoch.
Möglicherweise
für
immer
an
einen
Rollstuhl
gefesselt
zu
sein,
war
eine
Vorstellung,
die
ihm
unsagbare
Angst
einjagte.
Er
kaufte
sich
lieber
regelmäßig
legale
und
auch
illegale
Medikamente
im
Netz,
nur
um
die
Schmerzen
einigermaßen
ertragen
zu
können.
Erst
eine
Woche
zuvor
hatte
er
sich
bei
einem
Dealer,
den
er
in
der
Bar
von
Bernd
kennengelernt
hatte,
Marihuana
besorgt.
Doch
nach
dem
kurzen
Rausch
kamen
die
Schmerzen
jedes
Mal
wieder
zurück und waren dann meistens doppelt so heftig wie zuvor.
Eines
Tages,
Frank
hatte
sich
wieder
einmal
bei
Michael
einquartiert,
setzte
er
sich
an
dessen
Computer
und
durchsuchte
das
Internet.
Er
wollte
sich
endlich
von
den
Qualen
befreien
und
erkundigte
sich
deshalb
nach
alternativen
Behandlungen.
Er
fand
Bewegungs-,
Massage-
und
Physiotherapien,
alles
Dinge,
die
er
schon
unzählige
Male
versucht
hatte,
deren
Erfolge
aber
nicht
von
langer
Dauer
gewesen
waren.
Außerdem
war
er
unheimlich
faul,
wollte
sich
nicht
unnötig
bewegen.
Warum
sollte
er
auch
mit
starken
Schmerzen
Heilgymnastik
machen?
Sechs
Tage
war
er
bereits
im
Internet
unterwegs
gewesen
–
genauso
lange,
wie
er
Michaels
Couch
und
Tasche
strapazierte
–,
als
er
auf
eine
Webseite
stieß, die ihn neugierig machte.
Frank
war
ein
Mensch,
der
an
viele
Dinge
glaubte.
Seiner
Meinung
nach
gab
es
Außerirdische,
er
glaubte
an
Wiedergeburt
und
auch
die
Magie
von
Hexen
und
Zauberern
schien
ihm
nicht
abwegig.
Für
ihn
existierten
diese
Dinge,
auch
wenn
die
anderen ihn deshalb für verrückt hielten.
So
war
es
nicht
verwunderlich,
dass
ihn
die
Legende
von
einer
magischen
Eiche,
die
Krankheiten
heilen
konnte,
sofort
in
ihren
Bann
zog.
Er
wollte
unbedingt
mehr
darüber
wissen
und
suchte
speziell
nach
diesem
Thema.
Nach
drei
Tagen
intensiver
Suche
wurde
er
schließlich
fündig.
Er
entdeckte
einen
alten
Artikel,
geschrieben
von
einem
Anton
Kieringer,
seines
Zeichens
Förster,
der
eines
Tages
eine
Entdeckung
inmitten
des
Schwarzwaldes
gemacht
haben
wollte:
eine
riesige
Eiche,
die
mindestens
ein
paar
Tausend
Jahre
alt
sein
musste.
In
diesem
Artikel
berichtete
Kieringer
von
der
wundersamen
Heilung
seiner
Arthritis,
an
der
er
schon
viele
Jahre
gelitten
hatte
und
die
völlig
verschwand,
als
er
ein
junges
Blatt
des
Baumes
mit
heißem
Wasser
übergoss
und
dieses
Gebräu
danach
trank.
Die
antibakterielle
und
entzündungshemmende
Wirkung
war
allgemein
bekannt.
Er
hatte
nach
eigener
Aussage
den
Rest
seines
Lebens
keine
Schmerzen mehr.
Diese
alte
Eiche
war
schwer
zu
finden,
also
hatte
der
Autor
des
Artikels
sogar
eine
selbstgezeichnete
Karte
zur
Verfügung
gestellt,
die
man
sich
ausdrucken
konnte.
Frank
schöpfte
Hoffnung
auf
baldige
Schmerzfreiheit
und
druckte
sich
diese
doch sehr ominöse Karte sogleich aus.
Anschließend
borgte
er
sich
500
Euro
von
seinem
Freund
Walter,
den
Pickup
von
Bernd
und
eine
Thermosflasche
von
Michael
und
machte
sich
damit
auf
den
Weg
in
den
Schwarzwald.
Dort
wollte
er
in
einer
kleinen
Pension
übernachten
und
sich
am
nächsten
Tag
gleich
auf
die
Suche
nach
der
magischen
Eiche
begeben,
die
seinem
Leiden
ein
Ende
machen
würde. Frank war sich sicher, er würde sie finden und er würde geheilt werden.
Er
war
bereits
drei
Stunden
unterwegs,
als
er
an
eine
kleine
Weggabelung
kam.
Ein
kurzer
Blick
auf
seine
Karte
verriet
ihm,
dass
er
auf
dem
richtigen
Weg
zur
Pension
Eiche
war.
Sie
lag
inmitten
des
Schwarzwaldes,
ganz
versteckt
und
nur
dank
der
Karte,
die
Frank
dabeihatte,
zu
entdecken.
Bei
seiner
Ankunft
sah
er
ein
kleines,
schmuckes
Häuschen
mit
einladenden
Fensterläden
und
hübschem
Blumenschmuck
vor
sich.
Die
Eingangstür
war
in
einem
dunklen
Grün
gestrichen, das dem Farbton der ringsum stehenden Tannen ähnelte.
Frank
parkte
den
Pickup
in
dem
dafür
vorgesehenen
Carport,
stellte
den
Motor
ab
und
ließ
sich
entspannt
in
den
Autositz
zurückfallen.
Er
atmete
tief
durch
und
dachte
an
sein
bisheriges
Leben.
Durchzogen
von
Pleiten,
Pech
und
Schmerzen.
Sein
Körper
hatte
irgendwann
aufgehört,
richtig
zu
funktionieren,
doch
Frank
wusste
genau,
dass
er
selbst
daran
schuld
war.
Ständiger
Alkoholgenuss
hatte
seiner
Leber
ziemlich
mitgespielt,
sodass
es
an
ein
Wunder
grenzte,
dass
sie
noch
halbwegs
funktionierte.
Schlechte
Ernährung
und
kaum
Bewegung
trugen
zusätzlich
dazu
bei,
dass
seine
Bandscheiben
und
seine
Knie
ihren
Dienst
versagten.
Er
hatte
Schmerzen
von
morgens
bis
abends
und
schluckte
Schmerztabletten
wie
andere
Bonbons.
Sein
Körper
war
verseucht
von
schlechtem
Essen,
Medikamenten
und
Alkohol,
und
die
paar
Zigarren,
die er sich hin und wieder gönnte, machten es auch nicht besser.
Frank
stieg
aus,
schnappte
sich
seinen
Rucksack
und
betrat
die
Pension.
An
der
Anmeldung
stand
eine
junge,
hübsche
Rezeptionistin, die ihn freundlich und mit einem breiten Lächeln begrüßte.
„Herzlich willkommen in der Pension Eiche!“
„Hallo, ja, danke. Ich bin Frank Wimmer, ich habe hier ein Zimmer für eine Nacht gebucht.“
„Guten
Tag,
Herr
Wimmer.
Ich
habe
bereits
alles
für
Sie
herrichten
lassen.
Hier
sind
die
Schlüssel
für
Zimmer
237
im
zweiten Stock. Einen schönen Aufenthalt, Herr Wimmer, und viel Spaß im Schwarzwald!“
Frank
hatte
plötzlich
ein
ganz
seltsames
Gefühl.
Zimmer
237?
Irgendwie
kam
ihm
das
bekannt
vor.
Doch
er
wischte
den
Gedanken
beiseite
und
ging
hoch
in
sein
Zimmer.
Es
dämmerte
bereits,
daher
wollte
Frank
erst
am
nächsten
Tag
losgehen,
um
die
Eiche
zu
suchen.
Da
seine
Buchung
nur
ein
Frühstück
für
den
kommenden
Morgen
beinhaltete,
aß
er
das
mitgebrachte
Sandwich
und
trank
eine
Flasche
Bier
dazu.
Anschließend
setzte
er
sich
aufs
Bett,
legte
seine
Füße
hoch
und
schaltete
den
Fernseher
ein.
Der
Horrorklassiker
Shining
von
Stephen
King
lief.
Frank
ließ
sich
eine
Weile
von
dem
Film
berieseln
und
schlief
schließlich
im
Sitzen
ein.
Als
er
wieder
aufwachte,
war
es
bereits
fünf
Uhr
früh,
doch
er
hatte
das
Gefühl,
kaum
eine
Stunde
geschlafen
zu
haben.
Frank
stand
auf,
ging
ins
Bad,
duschte
und
schlüpfte
in
die
Wanderkleidung, die er sich – wie sollte es auch anders sein? – von seinem Kumpel Bernd geliehen hatte.
Um
sechs
Uhr
packte
Frank
seinen
Rucksack,
steckte
sich
die
Karte
in
die
Brusttasche
und
verstaute
noch
die
Thermosflasche,
die
er
mit
heißem
Wasser
befüllt
hatte.
Er
wollte
so
schnell
wie
möglich
zu
dieser
mysteriösen
Eiche,
sodass
er
sogar
freiwillig
auf
das
gebuchte
Frühstück
verzichtete
und
sich
sofort
auf
den
Weg
in
den
Wald
begab.
Es
war
ein
diesiger
Morgen.
Die
Sonne
versuchte,
die
ersten
Strahlen
durch
diese
Nebelsuppe
zu
schicken,
aber
sie
schaffte
es
nicht. Was Frank über die alte Eiche herausgefunden hatte, las sich eher unglaublich als wirklich.
So
sollte
er
angeblich
Krankheiten
heilen
können,
wenn
man
mit
einem
jungen
Eichenblatt
einen
Tee
zubereitete
und
diesen
unter
demselben
Baum
trank.
Genau
so
hatte
es
auch
der
Autor
Kieringer
in
seinem
Artikel
beschrieben.
Für
jeden
Kranken
nur
ein
Blatt.
Es
war
Ende
April
und
Frank
war
voller
Zuversicht
und
Ehrgeiz,
diesen
Baum
zu
finden,
um
diese
leidigen
und
schmerzhaften
Probleme
endlich
loszuwerden.
Frank
war
immer
schon
offen
gewesen
für
Dinge
wie
Magie
oder
Zauberei,
daher
fiel
es
ihm
nicht
schwer,
an
diese
Eiche
zu
glauben
und
daran,
dass
sie
ihm
die
Schmerzen
und
die
Krankheit
für
immer
würde
nehmen
können.
Außerdem
hatte
er
nun
schon
so
lange
Zeit
ständig
Schmerzen,
dass
er
bereit war, fast alles auszuprobieren, was ihm helfen könnte.
Zwei
Stunden
lang
suchte
er
alle
Routen
ab,
die
in
dieser
Gegend
durch
den
Schwarzwald
führten,
doch
ohne
Erfolg.
Langsam bekam Frank das Gefühl, dass diese Karte völlig sinnlos war.
Die
Wälder
waren
wunderschön
und
der
Wanderweg,
auf
dem
er
sich
fortbewegte,
schlängelte
sich
mal
nach
links,
mal
nach
rechts
durch
den
Wald.
Die
Luft
roch
nach
Erde,
Natur
und
Freiheit.
Frank
genoss
diese
Wanderung
in
vollen
Zügen
und
vergaß
dabei
fast
seine
Rückenschmerzen.
Er
marschierte
über
riesige
Wurzeln,
die
aus
der
Erde
hervorragten,
über
kleine
Bäche,
die
sich
ihren
Weg
mitten
durch
den
Pfad
bahnten,
und
über
umgestürzte
Bäume,
die
von
der
Försterei
noch nicht beseitigt worden waren.
Frank
blieb
stehen
und
kramte
in
seiner
Jackentasche.
Er
zog
die
Karte
heraus
und
studierte
sie
wieder
und
wieder.
Mit
neuem Schwung und voller Elan verließ er den vorgeschriebenen Waldweg und marschierte direkt in den dichten Wald.
Es
ging
über
unebenen
Boden,
an
dichten
Büschen
vorbei
und
zwischen
riesigen
Tannen
hindurch.
Je
länger
er
unterwegs
war,
desto
dichter
wurde
der
Wald.
Frank
musste
sich
gegen
Ende
seiner
Wanderung
mit
seinen
Händen
durch
das
Dickicht
kämpfen
und
wünschte
sich,
er
hätte
eine
Machete
eingesteckt.
Plötzlich
wurde
es
dunkler.
Obwohl
gerade
noch
die
Sonne
herausgeblinzelt
hatte,
verschwand
die
Helligkeit
nun
vollends
und
Frank
konnte
kaum
mehr
zwei
Meter
weit
sehen.
Doch
er
stapfte
tapfer
weiter.
Immer
wieder
aufgehalten
von
losen,
herumliegenden
Ästen
und
aus
dem
Boden
herausragenden
Wurzeln,
kämpfte
er
sich
durch
den
Wald,
immer
sein
Ziel
vor
Augen.
Die
Eiche.
In
dem
dichten
Unterholz
schlitzte
er
sich
seine
Jacke
an
einem
hervorstehenden
Ast
auf
und
seine
Wangen
wurden
blutig
gekratzt.
Schließlich
stolperte
er
und
schlug
dabei
der
Länge
nach
auf
dem
Boden
auf.
Da
erblickte
er
in
den
Tiefen
der
Dunkelheit
einen
kleinen,
hellen
Punkt.
Er
rappelte
sich
wieder
auf
und
schritt
langsam
auf
das
Licht
zu.
Es
wurde
heller
und
heller.
Abrupt
blieb
er
stehen.
Direkt
vor
ihm
funkelte
und
glitzerte
es.
Eine
riesige
Eiche
thronte
auf
einer
kleinen
Lichtung,
umgeben
von
Fichten
und
Tannen.
Sie
stand
da
und
flimmerte,
als
wäre
sie
von
vielen
Millionen
Leuchtkäfern
umgeben.
Frank
blieb
der
Mund
offen.
Er
stand
wie
versteinert
da
und
bewunderte
mit
großen
Augen
dieses
Monument
der Natur.
Vorsichtig
bewegte
er
sich
auf
den
mächtigen
Laubbaum
zu,
der
bis
in
den
Himmel
zu
reichen
schien.
Als
er
ganz
nah
vor
ihm
stand,
hörte
er
ein
leises
Summen.
Es
klang,
als
würden
Tausende
Bienenvölker
diesen
gewaltigen
Baum
bevölkern
und
ihrer
Arbeit
nachgehen.
Einige
Zentimeter
trennten
Frank
noch
von
dem
Stamm,
der
so
dick
war,
dass
es
mindestens
zehn
Männer
bräuchte,
um
ihn
zu
umfassen.
Vorsichtig
berührte
er
die
von
tiefen
Furchen
gezeichnete
Rinde.
„Dieser
Baum hat sicher einiges erlebt“, dachte Frank, während er nach oben blickte.
Ein kleiner Ast reckte sich ihm entgegen und zog damit seine Aufmerksamkeit auf sich.
„War
der
vorher
auch
schon
da?“,
überlegte
Frank
leise
flüsternd
und
hielt
verdutzt
seinen
Kopf
schief.
Kleine,
junge
Blätter
waren
daran
zu
sehen
und
in
diesem
Moment
fiel
ihm
wieder
seine
Thermoskanne
ein.
Schnell
öffnete
er
seinen
Rucksack,
nahm
die
Flasche
heraus,
öffnete
sie
und
rupfte
ein
Blatt
vom
Ast.
Keine
Sekunde
später
verspürte
er
einen
stechenden
Schmerz
im
Rücken,
der
ihn
aufheulen
und
die
Zähne
zusammenbeißen
ließ.
Er
sah
nochmal
hinauf
zu
diesem
Ast
und
zupfte
zwei
weitere
Blätter
davon
ab,
die
er
mit
dem
ersten
hastig
in
die
Flasche
stopfte.
Zur
Sicherheit,
dreifach
hielt
besser.
Dann
verschloss
er
die
Thermosflasche
und
wartete
geduldig,
bis
das
Wasser
die
Nährstoffe
der
Blätter aufgenommen hatte.
Nach
fünfzehn
Minuten
öffnete
er
erwartungsvoll
den
Drehverschluss.
Er
probierte
einen
Schluck,
und
als
er
merkte,
dass
der
Tee
schmeckte,
trank
er
die
ganze
Flasche
leer.
Nun
saß
er
da
und
wartete.
Wartete
auf
irgendeine
Wirkung.
Als
er
den
Baum
betrachtete,
sah
er,
dass
dieser
noch
viel
kräftiger
schimmerte
und
strahlte,
ganz
so,
als
schwebten
Hunderte
Energiewesen
um
ihn
herum
und
erhellten
diesen
Baum
mit
ihrer
Lebensenergie.
So
etwas
Wundervolles
hatte
er
noch
nie
gesehen.
Er
stand
auf
und
ging
ein
paar
Schritte.
Sein
Rücken
schmerzte
immer
noch
leicht,
aber
das
war
er
mittlerweile
gewohnt.
Nach
einer
guten
halben
Stunde,
in
der
nichts
passiert
war,
packte
er
die
Flasche
wieder
in
seinen
Rucksack,
sah
noch
ein
letztes
Mal
hinauf
zu
der
Baumspitze
und
verließ
ernüchtert
die
Lichtung.
Die
Schmerzen
hielten
den ganzen Weg über an und wollten einfach nicht verschwinden, wie er es sich erhofft hatte.
Als
er
den
dunklen
Teil
des
Waldes
hinter
sich
gelassen
hatte,
kam
er
bei
schönstem
Sonnenschein
wieder
auf
den
Waldweg
zurück.
Er
marschierte
mit
hängendem
Kopf
zu
seinem
Auto.
Plötzlich
spürte
er
einen
heftigen
Stich
im
Rücken,
dann
noch
einen
und
nur
eine
halbe
Sekunde
später
einen
dritten.
Frank
glaubte
schon,
er
müsste
sterben,
so
immens
waren
die
Schmerzen,
doch
genauso
plötzlich,
wie
sie
gekommen
waren,
waren
sie
wieder
verschwunden.
Er
griff
zu
seinem
Rücken,
berührte
die
Stelle,
die
ihn
seit
vielen
Jahren
quälte.
Er
drückte
vorsichtig
darauf,
doch
zu
seinem
Erstaunen
spürte
er
nichts.
Da
war
kein
Schmerz
mehr.
Nichts.
Er
drehte
sich
und
bückte
sich.
Weg.
Auch
die
neuen
Beschwerden
an
seiner
rechten
Rückenseite
hatten
vollständig
aufgehört,
und
als
er
versuchte,
sich
hinzuknien,
ging
das
ebenso leicht wie in seinen Jugendjahren.
„Es
hat
wirklich
funktioniert!“,
schrie
er
freudig
ins
Tal
hinunter
und
dann
tanzte
und
hüpfte
er
wie
ein
wildgewordener
Bär
im Kreis.
„Das
müssen
meine
Freunde
gleich
erfahren“,
dachte
Frank
und
sprang
in
sein
Auto.
Zwei
Stunden
Fahrzeit
vergingen
wie
im
Flug
und
der
Erste,
den
er
besuchte,
war
Michael.
Er
klingelte
aufgeregt
an
seiner
Tür.
Als
sich
nichts
tat,
klopfte
er
kräftig, doch Michael, der um diese Zeit eigentlich immer zu Hause war, öffnete nicht.
Egal,
er
machte
sich
auf
den
Weg
in
sein
Stammlokal,
denn
dort
war
Bernd
Barkeeper
und
der
wusste
sicher,
wo
Michael
war. Dort angekommen, stand hinter dem Tresen Karl, ein Kollege von Bernd.
„He,
Karl,
wo
ist
Bernd?
Ich
dachte,
der
hätte
heute
Dienst?“,
erkundigte
sich
Frank
und
platzierte
sich
auf
einem
der
freien
Barhocker.
„Hast du es denn noch nicht gehört, Frank?“, fragte Karl und verzog zerknirscht das Gesicht.
„Nein, was denn?“
„Bernd hatte heute früh einen Herzinfarkt.“
„Oh Mann, wo liegt er denn? In welchem Krankenhaus?“
„Er ist nicht im Krankenhaus, Frank. Er ist gestorben.“
Frank war erschüttert. Er erhob kurz seine Hand zum Gruß und verließ geknickt das Lokal.
Nochmals versuchte er, bei Michael zu klingeln, als die Nachbarin die Stiegen heraufkam.
„Wenn
sie
den
Herrn
Maier
suchen,
der
ist
nicht
da.
Den
haben
sie
heute
früh
geholt.
Tot.
Nicht
mehr
zu
reanimieren
gewesen. Irgendwas mit dem Herzen, glaube ich, zumindest war es das, was der Sanitäter gemurmelt hat.“
Ohne sich noch einmal umzudrehen, ging die Nachbarin in ihre Wohnung und schloss die Tür hinter sich.
Frank setzte sich auf die Stufen und hielt sich die Hände vors Gesicht.
„Das kann doch nicht sein! Zwei meiner Freunde tot und beide einen Herzinfarkt?“
Er
schüttelte
den
Kopf,
stand
auf
und
ging
zur
nächsten
Telefonzelle.
Er
musste
Walter
anrufen.
Um
diese
Zeit
war
der
sicher
schon
in
seinem
Büro.
Walter
war
selbständig,
also
war
er
der
Erste,
der
kam,
und
der
Letzte,
der
ging.
Wollte
man
Walter erreichen, brauchte man ihn nur im Büro anzurufen, er war mit Sicherheit anwesend.
Es klingelte einmal, zweimal, dann knackte es und eine weibliche Stimme meldete sich.
„Steuerberatungskanzlei Berger, guten Tag!“
„Hallo, hier ist Herr Wimmer, ich möchte gerne Ihren Chef Walter Berger sprechen. Danke schön!“
Zuerst
hörte
er
ein
Räuspern,
dann
noch
eines
und
schließlich
antwortete
die
junge
Dame
mit
weinerlicher
Stimme:
„Es
tut mir leid, Herr Wimmer, aber Herr Berger ist heute früh unerwartet verstorben.“
Frank
ließ
den
Hörer
fallen,
stolperte
rückwärts
aus
der
Telefonzelle
und
sein
Gesicht
verlor
jede
Farbe.
Er
ließ
sich
auf
die
Bank
sinken,
die
gleich
danebenstand,
und
starrte
emotionslos
in
die
Leere.
Dann
blickte
er
auf
seine
Hände,
umfasste
sein
Gesicht
und
fing
schließlich
an
zu
schreien.
Er
schrie
und
schrie,
bis
seine
Stimme
versagte
und
die
Tränen
ihm
wie
Bäche
die
Wangen
hinunterliefen.
Er
erkannte,
dass
die
drei
Blätter
des
Baumes,
die
er
sich
einfach
so
genommen
hatte,
um
sein
eigenes
Leid
ein
für
alle
Mal
zu
heilen,
den
Tod
für
seine
drei
Freunde
bedeutet
hatten.
Er
hatte
sich
ihre
Lebensenergie einfach einverleibt und erkannte jetzt mit Schrecken, dass der Baum nicht der Baum der Heilung war.
Er
sprang
auf,
setzte
sich
in
den
Wagen
und
fuhr
zurück
in
den
Schwarzwald.
Bei
der
Pension
angekommen,
hielt
er
direkt
vor
dem
Waldweg.
Er
schnappte
sich
seinen
Rucksack
und
stolperte
den
Weg
entlang
hinein
in
den
Wald.
Die
Pension,
in
der
er
am
Vortag
noch
eingecheckt
hatte,
war
nur
noch
eine
alte,
verfallene
Ruine.
Bereits
seit
vielen
Jahren
völlig
von
der
Natur
vereinnahmt,
standen
bloß
noch
die
Außenwände
des
Gebäudes.
Frank
jedoch
fiel
es
nicht
auf.
Er
rannte
wie
besessen
in
den
Wald
und
zu
der
alten
Eiche.
Er
spürte
nichts
mehr.
Sein
Gesicht
wurde
von
den
Ästen
völlig
zerschunden
und
die
Haut
seiner
Arme
aufgeschlitzt.
Er
blutete
aus
vielen
verschiedenen
Wunden,
doch
er
spürte
nichts
davon.
Er
hatte
keine
Schmerzen.
Ständig
blieb
er
an
den
Ästen
hängen
und
zerriss
sich
seine
Kleidung,
bis
diese
nur
noch
in
Fetzen
herunterhing.
Frank
bemerkte
nichts
von
alledem.
Er
jagte
durch
das
Dickicht,
durch
den
Wald,
vorbei
an
Tannen,
Föhren
und
dornigen
Büschen,
und
als
er
schließlich
so
erschöpft
war,
dass
er
bereits
auf
allen
vieren
vorwärts
kroch,
sah
er
sie.
Mächtig
und
strahlend
stand
sie
da.
Die
Eiche
schimmerte
so
hell,
dass
Frank
sich
die
Hand
vor
die
Augen
halten
musste.
Er
kroch
langsam
auf
den
Baum
zu,
setzte
sich
ganz
nah
zu
ihm
und
lehnte
sich
an
seinen
dicken,
alten
Stamm.
Er
atmete
schnell
ein
und
aus.
Wieder
ertönte
das
Summen
im
Inneren,
doch
diesmal
hörte
er
noch
etwas
anderes. Es klang wie leise Stimmen, Stimmen von Männern, von Frauen und hohe Stimmen von Kindern.
Frank
saß
da
und
ließ
den
Tränen
freien
Lauf,
sie
tropften
auf
sein
T-Shirt
und
seine
Jacke.
Er
weinte
um
seine
drei
Freunde,
er
weinte
wegen
seines
armseligen
Lebens
und
er
weinte
wegen
seiner
dummen
und
narzisstischen
Art.
Er
hatte
alle
für
seine
eigenen,
egoistischen
Zwecke
ausgenutzt.
Jahrelang,
ohne
Scham.
Er
weinte
um
seine
Seele
und
um
die
Seelen
derer,
die
in
dieser
Eiche
gefangen
waren.
Er
dachte
an
den
Autor
des
Artikels,
der
ihn
hierhergeführt
hatte,
an
diesen
magischen
und
doch
so
düsteren
Ort.
Frank
dachte
daran,
welche
Seele
wohl
für
Anton
Kieringer
in
diesen
Baum
gezogen worden war, nur damit dieser keine Schmerzen mehr gehabt hatte.
Er
dachte
an
die
unzähligen
Male,
die
ihm
seine
Freunde
geholfen
hatten,
ohne
jemals
irgendeinen
Dank
dafür
von
ihm
erhalten zu haben.
Frank
schluchzte
und
rieb
sich
die
Nase
mit
dem
Ärmel
seiner
Jacke
ab,
sodass
ein
hässlicher
Fleck
entstand.
Er
legte
seine
Wange
an
den
Stamm
und
plötzlich
hatte
er
eine
Idee.
Er
horchte
auf
die
Stimmen
im
Inneren
und
auf
das
leise
Summen, umarmte den Baum und flüsterte leise:
„Bitte
gib
meinen
Freunden
ihr
Leben
zurück.
Nimm
meines
an
ihrer
statt.
Ich
habe
solche
Freunde
nicht
verdient
und
sie
haben einen so frühen Tod nicht verdient. Ich bitte dich, nimm mich statt ihnen!“
Frank
schaute
hinauf
in
die
Baumkrone,
sah
das
helle
Schimmern
und
erkannte
mit
verschwommenem
Blick
die
vielen
Lebensenergien,
die
in
dieser
Eiche
gefangen
waren.
Frank
hatte
nicht
nur
keine
Schmerzen
mehr
gewollt,
sondern
er
hatte
völlig
gesund
werden
wollen,
ohne
Rücksicht
auf
irgendetwas
oder
irgendjemanden.
Der
Baum
holte
sich
pro
Blatt
einen
Menschen,
die
der
Person
wichtig
war,
die
den
Tee
trank.
Für
Frank
waren
das
Bernd,
Walter
und
Michael
gewesen,
denn
er
war
gierig
gewesen
und
hatte
sich
gleich
drei
junge
Blätter
abgerissen.
Damit
hatte
er
ihre
Leben
einfach
abgerissen,
ohne
es
zu
ahnen.
Als
Frank
sich
dessen
bewusst
wurde,
weinte
er
wieder
und
dachte
mit
Liebe
an
seine
Freunde.
Wie
oft
waren
sie
für
ihn
da
gewesen?
Hatten
immer
etwas
Geld
für
ihn
übrig
gehabt,
sich
sein
Gejammere
angehört
oder
ihm
ein
warmes
Bett
zum
Schlafen
zur
Verfügung
gestellt.
Bernd,
der
ihm
immer
zugehört
und
nette
Worte
parat
gehabt
hatte,
obwohl
Frank
nichts
anderes
konnte,
als
zu
jammern
und
anderen
die
Schuld
für
sein
Leid
zuzuschieben.
Walter,
der
mit
seiner
kleinen
Kanzlei
gerade
so
über
die
Runden
kam
und
ihm
doch
immer
wieder
ein
paar
Euro
zugeschoben
hatte. Bei dem er schon so viele Schulden hatte, dass mehrere Leben nicht ausreichen würden, um sie zurückzuzahlen.
Und
Michael,
der
gutmütige
Michael,
der
ihm,
obwohl
er
ihn
so
oft
schon
aus
dem
Schlaf
gerissen
und
ihm
nie
etwas
Gutes
zurückgegeben
hatte,
immer
wieder
seine
Tür
und
seine
Wohnung
geöffnet
hatte,
um
ihn
bei
sich
schlafen
zu
lassen.
Er
dachte
so
lange
und
liebevoll
an
die
drei,
bis
sein
Körper
sich
mit
dem
Stamm
des
Baumes
vereinigte.
Er
wurde
eins
mit der alten Eiche und sein Licht schloss sich den anderen Seelen des Baumes an.
Am Ende lag dort nur noch ein kleiner Rucksack auf dem Waldboden.
Als
Frank
einige
Tage
nicht
mehr
bei
Bernd
in
der
Bar
auftauchte,
sich
kein
Geld
von
Walter
lieh
oder
Michael
aus
der
Wohnung
klingelte,
weil
er
einen
Schlafplatz
brauchte,
machten
sich
die
drei
Freunde
echte
Sorgen
um
ihn.
Sie
suchten
nach
ihm,
doch
an
keiner
der
Stellen,
an
denen
sie
ihn
vermuteten,
war
er
anzutreffen.
Schließlich
stießen
sie
auf
einen
Hinweis
im
Browserverlauf
von
Michaels
Computer.
Sie
fanden
die
Legende
von
der
magischen
Eiche
im
Schwarzwald
und lasen von deren heilenden Kräften.
Nach
zwei
weiteren
Wochen
fanden
sie
endlich
Michaels
Pickup,
der
immer
noch
mit
offener
Fahrertür
neben
der
alten
Ruine
stand,
die
einst
eine
kleine
gemütliche
Pension
gewesen
war.
Sie
durchsuchten
den
Wagen
und
fanden
die
Karte.
Nachdem
sie
die
örtliche
Polizei
verständigt
hatten,
wurde
nach
Frank
gesucht.
Mit
Hunden
und
Freiwilligen
liefen
sie
eine Woche lang das Gebiet rund um die alte Pension ab, bevor sie die Suche abbrachen.
Walter,
Bernd
und
Michael
suchten
noch
eine
weitere
Woche
lang
allein
nach
ihrem
Freund
und
versuchten,
aus
dem
Gekritzel
auf
dem
Zettel
schlau
zu
werden.
Viele
Linien
waren
zu
erkennen
und
ganz
rechts
oben
war
ein
rotes
Kreuz
zu
sehen,
doch
die
Karte
ergab
keinen
Sinn.
Sie
führte
ins
Nichts.
Schließlich
brachen
auch
Franks
Freunde
schweren
Herzens
die
Suche
ab
und
fuhren
zurück
in
die
Stadt,
um
bei
einem
Glas
Bier
in
Bernds
Bar
eines
alten
Kumpels
zu
gedenken.
Ihr Freund Frank Wimmer wurde nie wieder gesehen.
© by Michaela Brenner 2018
Design by Michaela Brenner 2018