Mein Leben in Dunkelheit (Die Geschichte eines Kleidungsstücks) Heute möchte ich Euch von meinem Alltag erzählen. Nachts hänge ich relaxed über einem Stuhl und bin wirklich entspannt. Doch wenn der Tag anbricht werde ich ungefähr gegen halb 6 Uhr morgens von meinem Menschen angezogen. Immer kommen noch andere Kleidungsstücke über mich drüber. Meistens sind es echt angenehme Zeitgenossen, schön kuschelig warm oder leicht und luftig. Das Tageslicht sehe ich eher selten, die meiste Zeit verbringe ich in Dunkelheit. Ich finde, dass ich ein ziemlich nützliches Kleidungsstück bin, denn ich unterstütze meinen Menschen an jeden Tag und zu jeder Minute. Wir gehen jeden Schritt gemeinsam, egal ob zur Arbeit oder zur Fitness, was ehrlich gesagt die letzten Wochen kaum ein Thema war für meinen Menschen, wenn ich das mal so sagen darf. Von 6:00 bis 7:30 sitzen wir beide im Zug, mein Mensch liest dort immer die Tageszeitung und manchmal macht sie auch ein kleines Nickerchen. In Wien angekommen, fahren wir noch eine Viertelstunde mit der Straßenbahn, das ist dann die zweite Lese- oder Schlafphase meines Menschen. Im Büro sitzen wir vor dem Computer und mein Mensch arbeitet, meistens sind das so 8-10 Stunden. Wir sitzen aber nicht nur, denn wir haben einen Job, der auch viel Bewegung beinhaltet. Aufstehen, zum Kopieren, dann zum Drucken, dann wieder am Computer arbeiten, dann muss man runter in den Lagerraum, Material holen, mal zur Kollegin rüber schauen und immer und überall bin ich mit dabei. Manchmal machen wir Pause, aber das kommt eher selten vor. Heute hatte ich ein wenig Luftprobleme, denn da die Temperaturen draußen schon wärmer werden, hat mein Mensch ein wenig geschwitzt und ich bin etwas nass geworden. Ein wenig unangenehm, aber ich trockne ja wieder. Nach dem Büro geht es denselben Weg wieder nach Hause. Heute allerdings haben wir einen Abstecher gemacht und sind zum Arzt gegangen. Mein Mensch hat sich untersuchen lassen und hat mich mal am Tag kurz ausgezogen und mich in der Arztpraxis auf den Stuhl gehängt. Nette Praxis, ja. Als die Ärztin fertig war, wurde ich wieder angezogen und ins Dunkel verbannt. Schade eigentlich, war schon schön so im Tageslicht! Wir sind dann heimmarschiert und zuhause hat sie mich dann ausgezogen, leider war es draußen schon wieder dunkel und ich konnte die Sonne nicht nochmal sehen, die heute so stark geschienen hat, nach der Wärme zu urteilen. Tja, und so verbringe ich die Tage im Dunkeln. Nachts, wenn ich auf meinem Sessel hänge und nach draußen sehe, freue ich mich schon auf das Wochenende, denn am Sonntag darf ich manchmal zuhause bleiben, auf meinem Stuhl hängend, kann ich die Sonne beobachten, wie sie aufgeht, und nach einem langen entspannten Tag sehe ich sie wieder untergehen. Es ist nicht leicht, ein BH zu sein, aber mein Job macht mir immer noch Freude! © by Michaela Brenner 2012
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Kreatives Schreiben